Weihbischof Hegge im Gespräch mit jungen Menschen.
Gespräch mit jungen Menschen in der Jugendkirche effata[!].
Ein Visionär und Anstifter

„Die Kirche braucht Visionäre, die vom Glauben überzeugt sind.“ Das sagte Christoph Hegge im Juni 2004 beim Katholikentag in Ulm. Ein solcher Visionär ist er selber und dabei ein „Anstifter“ zum Glauben und „Mutmacher“ zum Leben.

Bei dem Gespräch auf dem Ulmer Katholikentag im Jahr 2004 lautete das Thema „Geistliche Gemeindeerneuerung“. Damals sprach sich der stellvertretende Generalvikar für eine stärkere Begleitung der ehrenamtlichen Katechetinnen und Katecheten aus: „Um den Prozess der geistlichen Erneuerung in den Pfarrgemeinden zu unterstützen, brauchen die Katecheten eine intensive Begleitung und Unterstützung.“ Mit Blick auf die Veränderungen der Gemeindestrukturen ermunterte Hegge dazu, nicht nur die organisatorischen Belange in den Blick zu nehmen, sondern auch die Gemeindemitglieder aufzuspüren, die über den Glauben sprechen und ihn leben wollen.

Glaube als Geschenk
Die missionarische Komponente des Christseins hat er selbst immer im Blick: „Wir haben den Glauben nicht für uns allein, sondern er ist ein Geschenk, das uns reicher macht, wenn wir es weitergeben. Das lässt uns aber auch danach fragen, ob wir die Sprache des Glaubens beherrschen oder ob wir stumm sind, wenn es um die entscheidenden Fragen des Lebens geht. Wir sind aufgerufen durch Wort und Tat darauf hinzuweisen, dass Gott mit jedem Menschen eine Liebesgeschichte leben will“, sagte er anlässlich der Feiern zum 1200-jährigen Bestehen des Bistums Münster im Jahr 2005.

Doch Hegge ist kein Theoretiker, der am „grünen Tisch“ pastorale Visionen hat, die mit der Realität nichts zu tun haben. Obwohl als stellvertretender Generalvikar ein Generalist für alle möglichen Themen und mit vielen Verwaltungsaufgaben betraut, ließ sich der 47-Jährige nie seine Leidenschaft für die konkrete Seelsorge nehmen.

Geboren in Rheine – Studium in Rom
Hegge, am 15. August 1962 in Rheine geboren, legte am Arnold-Janssen-Gymnasium in Neuenkirchen sein Abitur ab. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie empfing er am 10. Oktober 1988 in der römischen Kirche San Ignazio die Priesterweihe. Es folgten weitere Studien in Rom, bevor ihn der Bischof 1989 zum Kaplan in St. Ulrich in Alpen am Niederrhein ernannte. Ab 1991 studierte Hegge erneut Kirchenrecht im Rom.

Wiewohl er durch die Studien reichlich in Anspruch genommen war, ließ ihn nie seine große Leidenschaft nicht los: Hegge will Menschen für Christus gewinnen. Wenn er dann mit Mitbrüdern den Sommer in Apulien verbrachte, und sich die anderen Seelsorger schon mal vom anstrengenden Pfarreialltag erholten, suchte Hegge Kontakt mit den Menschen vor Ort, sprach mit ihnen über den Glauben und feierte Gottesdienste. Dennoch: Die Pflicht blieb das Studium, Hegge schloss es ab mit der Promotion zum Doktor des Kirchenrechts.

Bischöflicher Kaplan und Sekretär
1996 holte Bischof Reinhard Lettmann den jungen Geistlichen nach Münster zurück. Hegge wurde Bischöflicher Kaplan und Sekretär. Diese Tätigkeit öffnete ihm neue Welten, Lettmann nahm ihn mit auf Reisen nach Osteuropa, Lateinamerika und ins Heilige Land. Der Bischöfliche Kaplan war an all den Themen dran, die dran waren wie etwa die Begleitung und Unterstützung der Katholisch-Theologischen Fakultät und des Instituts für Kirchenrecht der Westfälischen-Wilhelms-Universität. Hinzu kamen ganz banale Dinge: Das Bischofshaus musste nach Jahrzehnten grundlegend saniert werden. Das bedeutete auch zwei Umzüge für den Haushalt des Bischofs. An Hegge lag es, dies so zu organisieren, dass Bischof Reinhard weiterarbeiten konnte.

Trotz all der Verpflichtungen und Aufgaben setzte der Geistliche eigene Impulse: Geistliche Akzente setzte er bei den Seligsprechungsfeiern für Schwester Maria Euthymia, Anna Katharina Emmerick und Kardinal von Galen sowie beim Bistumsjubiläum.

„Das Licht Christi im Alltag des Lebens entdecken“
Mit anderen rief er im „Heiligen Jahr“ 2000 die Jugendgebetsabende im St.-Paulus-Dom ins Leben. Bis zu 1000 junge Christen aus allen Teilen der Diözese kamen zu den Feiern mit Bischof Lettmann in die Mutterkirche des Bistums. „Das Licht Christi im Alltag des Lebens entdecken, Gottes Gegenwart in uns und unter uns aufspüren, gemeinsam beten, meditieren und singen“ – so erklärte Hegge seinerzeit die Intention dieser Treffen. Gebet, neues geistliches Liedgut, Austausch über Glaubensthemen, aber auch Beichtgespräche sind Bestandteile der Jugendgebetsabende, die auch nach dem Heiligen Jahr fortgesetzt wurden.

Ein weiterer fester Termin im Paulusdom ist ebenfalls mit dem Namen des Geistlichen verbunden: die „Alternative Silvesternacht“ mit dem Bischof im münsterschen Dom, die ebenfalls erstmals zum Heiligen Jahr 2000 stattfand. Auch hier erfuhr die gleiche Mischung positiven Anklang bei vielen Christen, die einen besinnlichen Jahresschluss suchen. Mehrere hundert Gläubige kommen zeitweise oder für die gesamte Zeit, um in Stille, angeregt durch Texte und Lieder, ein Jahr Revue passieren zu lassen. Und auch hier: Mehrere Priester stehen für Beichtgespräche zur Verfügung.

Gefragter Beichtvater und gesuchter geistlicher Begleiter
Hegge ist selbst ein gefragter Beichtvater und gesuchter geistlicher Begleiter. Die ihn in dieser Aufgabe kennen gelernt haben, loben seine Sensibilität im Umgang mit Menschen und sprechen begeistert von seiner Gabe, sich in andere einfühlen zu können. Er strahle eine „angenehme, starke Präsenz“ aus, die andere berühre und sie spüren lassen: Da brennt jemand in seinem Innersten. „Wir sind als Kinder Gottes zur Freiheit berufen“, lautet eine seine Kernbotschaften in Anlehnung an Paulus. Dafür gibt er selbst vollen Einsatz.

Dies spüren auch Gruppen, die Hegge neben seiner offiziellen Generalvikariatsarbeit begleitet. Vor sieben Jahren rief er einen Kreis ins Leben, dem Studenten unterschiedlicher Fakultäten angehören. Einmal wöchentlich treffen sich die jungen Leute. Der Austausch über Glaube und Leben ist wesentlich bei diesen Zusammenkünften.

„Wo plausibel wird, was Kirche bedeutet“
Rund 50 Studenten gehören aktuell dazu, die sich mittlerweile in kleineren Untergruppen zu dieser Form von Weggemeinschaft treffen. „Dort ist ein Ort, wo wir Christus begegnen und wo plausibel wird, was Kirche bedeutet“, sagen Teilnehmer. Das „fromme Tun“ dieser ungewöhnlichen Studenten-Meetings ist facettenreich: Gebet und Gottesdienst sind ebenso selbstverständlich wie ein Kochen mit und für Obdachlose.

Auch akademisch ist Hegge tätig: Er hat einen Lehrauftrag für Kirchenrecht im Lizenziatsstudiengang an der Katholisch-Theologischen Fakultät und des Instituts für Kirchenrecht der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster und an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

Wegbegleiter ist Hegge seit 1999 für die Orden und Geistlichen Gemeinschaften im Bistum; er leitet die entsprechende Abteilung im Generalvikariat. Dort ist er mit enormen Strukturveränderungen bei den Orden konfrontiert, die denen der Gemeinden in nichts nachstehen. Meist ist fehlender Nachwuchs und ein hohes Durchschnittsalter der Ordensleute der Grund für zum Teil schwerwiegende Neuorientierungen.

Unterstützung der Orden
„Ein schmerzlicher Prozess“ für die Gemeinschaften, gestand Hegge einmal in einem Interview mit dem Onlinemagazin kirchensite.de ein. Die Ordensleute unterstützte er in ihrer Suche nach einer zeitgemäßen Übersetzung des Ursprungs-Charisma der Gründer. Sozial-caritativ orientierte Orden könnten sich neue Aufgaben suchen in Feldern, in denen der Sozialstaat nicht so präsent sei, wie es vielleicht wünschenswert wäre, regte Hegge etwa an.

Dass Hegge selbst Mitglied der Fokolarbewegung ist, verheimlicht der Geistliche nicht. Aber er sieht seine Aufgabe nicht darin, allerorten Mitglieder für die neue geistliche Gemeinschaft zu rekrutieren. Persönlich bekannt war Hegge mit der 2008 verstorbenen Gründerin, Chiara Lubich. 1998 setzte er sich mit dafür ein, dass sie nach Münster kam, wo sie vor 3000 Gläubigen im St.-Paulus-Dom sprach. Im Fokolar ist Hegge zu Hause; der Austausch und die Gemeinschaft geben ihm Stütze und Kraft für sein Engegament.

Sensibel – für Christus
Der neue Weihbischof wird selbst einbringen, was er einmal im Interview forderte: „Sensibel werden dafür, was Christus uns heute für unser Leben als Diözese, als Pfarrgemeinde oder als Ordensgemeinschaft zeigt.“